Die Richtlinie 2000/31/EG ist dahin auszulegen, dass sie es einem Gericht eines Mitgliedstaats nicht verwehrt,
– einem
Hosting-Anbieter aufzugeben, die von ihm gespeicherten Informationen,
die den wortgleichen Inhalt haben wie Informationen, die zuvor für
rechtswidrig erklärt worden sind, zu entfernen oder den Zugang zu ihnen
zu sperren, unabhängig davon, wer den Auftrag für die Speicherung der
Informationen gegeben hat;
– einem
Hosting-Anbieter aufzugeben, die von ihm gespeicherten Informationen,
die einen sinngleichen Inhalt haben wie Informationen, die zuvor für
rechtswidrig erklärt worden sind, zu entfernen oder den Zugang zu ihnen
zu sperren, sofern die Überwachung und das Nachforschen der von einer
solchen Verfügung betroffenen Informationen auf solche beschränkt sind,
die eine Aussage vermitteln, deren Inhalt im Vergleich zu dem Inhalt,
der zur Feststellung der Rechtswidrigkeit geführt hat, im Wesentlichen
unverändert geblieben ist, und die die Einzelheiten umfassen, die in der
Verfügung genau bezeichnet worden sind, und sofern die Unterschiede in
der Formulierung dieses sinngleichen Inhalts im Vergleich zu der
Formulierung, die die zuvor für rechtswidrig erklärte Information
ausmacht, nicht so geartet sind, dass sie den Hosting-Anbieter zwingen,
eine autonome Beurteilung dieses Inhalts vorzunehmen;
URTEIL DES GERICHTSHOFS (Dritte Kammer)
3. Oktober 2019(*)
„Vorlage
zur Vorabentscheidung – Informationsgesellschaft – Freier
Dienstleistungsverkehr – Richtlinie 2000/31/EG – Verantwortlichkeit von
Diensteanbietern, die als Mittler auftreten – Art. 14 Abs. 1 und 3 –
Anbieter von Hosting-Diensten – Möglichkeit, vom Anbieter zu verlangen,
dass er eine Rechtsverletzung abstellt oder verhindert – Art. 18 Abs. 1 –
Persönliche, sachliche und räumliche Grenzen der Tragweite einer
Verfügung – Art. 15 Abs. 1 – Keine allgemeine Überwachungspflicht“
In der Rechtssache C‑18/18
betreffend
ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom
Obersten Gerichtshof (Österreich) mit Entscheidung vom 25. Oktober 2017,
beim Gerichtshof eingegangen am 10. Januar 2018, in dem Verfahren
Eva Glawischnig-Piesczek
gegen
Facebook Ireland Limited
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter
Mitwirkung der Kammerpräsidentin A. Prechal, der Richter F. Biltgen,
J. Malenovský (Berichterstatter) und C. G. Fernlund sowie der Richterin
L. S. Rossi,
Generalanwalt: M. Szpunar,
Kanzler: D. Dittert, Referatsleiter,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 13. Februar 2019,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
– von Frau Glawischnig-Piesczek, vertreten durch Rechtsanwälte M. Windhager und W. Niklfeld,
– der Facebook Ireland Limited, vertreten durch Rechtsanwälte G. Kresbach, K. Struckmann und A. Tauchen,
– der österreichischen Regierung, vertreten durch G. Hesse, G. Kunnert und A. Jurgutyte-Ruez als Bevollmächtigte,
– der lettischen Regierung, vertreten durch I. Kucina, E. Petrocka-Petrovska und V. Soņeca als Bevollmächtigte,
– der
portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes und
M. Figueiredo als Bevollmächtigte im Beistand von T. Rendas,
Rechtsberater,
– der finnischen Regierung, vertreten durch J. Heliskoski als Bevollmächtigten,
– der
Europäischen Kommission, vertreten durch G. Braun, F. Wilman,
S. L. Kalėda und P. Costa de Oliveira als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 4. Juni 2019
folgendes
Urteil
1 Das
Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 15 Abs. 1
der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom
8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der
Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen
Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt („Richtlinie über den elektronischen
Geschäftsverkehr“) (ABl. 2000, L 178, S. 1).
2 Es
ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Frau Glawischnig-Piesczek
und der Facebook Ireland Limited mit Sitz in Irland wegen der
Veröffentlichung eines Beitrags, der ehrenbeleidigende Äußerungen in
Bezug auf Frau Glawischnig-Piesczek enthält, auf der Seite eines
Nutzers, die auf der Website des sozialen Netzwerks Facebook unterhalten
wird.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
3 In den Erwägungsgründen 6, 7, 9, 10, 40, 41, 45 bis 48, 52, 58 und 60 der Richtlinie 2000/31 heißt es:
„(6) …
Diese Richtlinie befasst sich nur mit bestimmten Fragen, die Probleme
für das Funktionieren des Binnenmarktes aufwerfen, und wird damit in
jeder Hinsicht dem Subsidiaritätsgebot gemäß Artikel 5 des Vertrags
gerecht.
(7) Um Rechtssicherheit
zu erreichen und das Vertrauen der Verbraucher zu gewinnen, muss diese
Richtlinie einen klaren allgemeinen Rahmen für den Binnenmarkt bezüglich
bestimmter rechtlicher Aspekte des elektronischen Geschäftsverkehrs
festlegen.
…
(9) In
vieler Hinsicht kann der freie Verkehr von Diensten der
Informationsgesellschaft die besondere gemeinschaftsrechtliche
Ausprägung eines allgemeineren Grundsatzes darstellen, nämlich des
Rechts auf freie Meinungsäußerung im Sinne des Artikels 10 Absatz 1 der
von allen Mitgliedstaaten ratifizierten Konvention zum Schutze der
Menschenrechte und Grundfreiheiten. Richtlinien, die das Angebot von
Diensten der Informationsgesellschaft betreffen, müssen daher
sicherstellen, dass diese Tätigkeit gemäß jenem Artikel frei ausgeübt
werden kann und nur den Einschränkungen unterliegt, die in Absatz 2 des
genannten Artikels und in Artikel 46 Absatz 1 des Vertrages niedergelegt
sind. Die grundlegenden Regeln und Prinzipien des einzelstaatlichen
Rechts, die die freie Meinungsäußerung betreffen, sollen von dieser
Richtlinie unberührt bleiben.
(10) Gemäß
dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sind in dieser Richtlinie nur
diejenigen Maßnahmen vorgesehen, die zur Gewährleistung des
reibungslosen Funktionierens des Binnenmarktes unerlässlich sind. Damit
der Binnenmarkt wirklich zu einem Raum ohne Binnengrenzen für den
elektronischen Geschäftsverkehr wird, muss diese Richtlinie in den
Bereichen, in denen ein Handeln auf Gemeinschaftsebene geboten ist, ein
hohes Schutzniveau für die dem Allgemeininteresse dienenden Ziele,
insbesondere für den Jugendschutz, den Schutz der Menschenwürde, den
Verbraucherschutz und den Schutz der öffentlichen Gesundheit,
gewährleisten. …
…
(40) Bestehende
und sich entwickelnde Unterschiede in den Rechtsvorschriften und der
Rechtsprechung der Mitgliedstaaten hinsichtlich der Verantwortlichkeit
von Diensteanbietern, die als Vermittler handeln, behindern das
reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes, indem sie insbesondere die
Entwicklung grenzüberschreitender Dienste erschweren und
Wettbewerbsverzerrungen verursachen. Die Diensteanbieter sind unter
bestimmten Voraussetzungen verpflichtet, tätig zu werden, um
rechtswidrige Tätigkeiten zu verhindern oder abzustellen. Die
Bestimmungen dieser Richtlinie sollten eine geeignete Grundlage für die
Entwicklung rasch und zuverlässig wirkender Verfahren zur Entfernung
unerlaubter Informationen und zur Sperrung des Zugangs zu ihnen bilden. …
(41) Diese
Richtlinie schafft ein Gleichgewicht zwischen den verschiedenen
Interessen und legt die Grundsätze fest, auf denen Übereinkommen und
Standards in dieser Branche basieren können.
…
(45) Die
in dieser Richtlinie festgelegten Beschränkungen der Verantwortlichkeit
von Vermittlern lassen die Möglichkeit von Anordnungen
unterschiedlicher Art unberührt. Diese können insbesondere in
gerichtlichen oder behördlichen Anordnungen bestehen, die die Abstellung
oder Verhinderung einer Rechtsverletzung verlangen, einschließlich der
Entfernung rechtswidriger Informationen oder der Sperrung des Zugangs zu
ihnen.
(46) Um eine
Beschränkung der Verantwortlichkeit in Anspruch nehmen zu können, muss
der Anbieter eines Dienstes der Informationsgesellschaft, der in der
Speicherung von Information besteht, unverzüglich tätig werden, sobald
ihm rechtswidrige Tätigkeiten bekannt oder bewusst werden, um die
betreffende Information zu entfernen oder den Zugang zu ihr zu sperren.
Im Zusammenhang mit der Entfernung oder der Sperrung des Zugangs hat er
den Grundsatz der freien Meinungsäußerung und die hierzu auf
einzelstaatlicher Ebene festgelegten Verfahren zu beachten. Diese
Richtlinie lässt die Möglichkeit der Mitgliedstaaten unberührt,
spezifische Anforderungen vorzuschreiben, die vor der Entfernung von
Informationen oder der Sperrung des Zugangs unverzüglich zu erfüllen
sind.
(47) Die Mitgliedstaaten
sind nur dann gehindert, den Diensteanbietern Überwachungspflichten
aufzuerlegen, wenn diese allgemeiner Art sind. Dies betrifft nicht
Überwachungspflichten in spezifischen Fällen und berührt insbesondere
nicht Anordnungen, die von einzelstaatlichen Behörden nach
innerstaatlichem Recht getroffen werden.
(48) Diese
Richtlinie lässt die Möglichkeit unberührt, dass die Mitgliedstaaten
von Diensteanbietern, die von Nutzern ihres Dienstes bereitgestellte
Informationen speichern, verlangen, die nach vernünftigem Ermessen von
ihnen zu erwartende und in innerstaatlichen Rechtsvorschriften
niedergelegte Sorgfaltspflicht anzuwenden, um bestimmte Arten
rechtswidriger Tätigkeiten aufzudecken und zu verhindern.
…
(52) Die
effektive Wahrnehmung der durch den Binnenmarkt gebotenen Freiheiten
macht es erforderlich, den Opfern einen wirksamen Zugang zu
Möglichkeiten der Beilegung von Streitigkeiten zu gewährleisten.
Schäden, die in Verbindung mit den Diensten der Informationsgesellschaft
entstehen können, sind durch ihre Schnelligkeit und ihre geographische
Ausbreitung gekennzeichnet. Wegen dieser spezifischen Eigenheit und der
Notwendigkeit, darüber zu wachen, dass die nationalen Behörden das
Vertrauen, das sie sich gegenseitig entgegenbringen müssen, nicht in
Frage stellen, verlangt diese Richtlinie von den Mitgliedstaaten, dafür
zu sorgen, dass angemessene Klagemöglichkeiten zur Verfügung stehen. Die
Mitgliedstaaten sollten prüfen, ob ein Bedürfnis für die Schaffung
eines Zugangs zu gerichtlichen Verfahren auf elektronischem Wege
besteht.
…
(58) Diese
Richtlinie soll keine Anwendung auf Dienste von Anbietern finden, die
in einem Drittland niedergelassen sind. Angesichts der globalen
Dimension des elektronischen Geschäftsverkehrs ist jedoch dafür Sorge zu
tragen, dass die gemeinschaftlichen Vorschriften mit den
internationalen Regeln in Einklang stehen. Die Ergebnisse der
Erörterungen über rechtliche Fragen in internationalen Organisationen
(unter anderem WTO, OECD, UNCITRAL) bleiben von dieser Richtlinie
unberührt.
…
(60) Im
Sinne der ungehinderten Entwicklung des elektronischen
Geschäftsverkehrs muss dieser Rechtsrahmen klar, unkompliziert und
vorhersehbar sowie vereinbar mit den auf internationaler Ebene geltenden
Regeln sein, um die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie
nicht zu beeinträchtigen und innovative Maßnahmen in diesem Sektor nicht
zu behindern.“
4 Art. 14 („Hosting“) der Richtlinie 2000/31 bestimmt:
„(1)
Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass im Fall eines Dienstes
der Informationsgesellschaft, der in der Speicherung von durch einen
Nutzer eingegebenen Informationen besteht, der Diensteanbieter nicht für
die im Auftrag eines Nutzers gespeicherten Informationen verantwortlich
ist, sofern folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
a) Der
Anbieter hat keine tatsächliche Kenntnis von der rechtswidrigen
Tätigkeit oder Information, und, in Bezug auf Schadensersatzansprüche,
ist er sich auch keiner Tatsachen oder Umstände bewusst, aus denen die
rechtswidrige Tätigkeit oder Information offensichtlich wird,
oder
b) der
Anbieter wird, sobald er diese Kenntnis oder dieses Bewusstsein
erlangt, unverzüglich tätig, um die Information zu entfernen oder den
Zugang zu ihr zu sperren.
…
(3) Dieser
Artikel lässt die Möglichkeit unberührt, dass ein Gericht oder eine
Verwaltungsbehörde nach den Rechtssystemen der Mitgliedstaaten vom
Diensteanbieter verlangt, die Rechtsverletzung abzustellen oder zu
verhindern, oder dass die Mitgliedstaaten Verfahren für die Entfernung
einer Information oder die Sperrung des Zugangs zu ihr festlegen.“
5 Art. 15 Abs. 1 dieser Richtlinie lautet:
„Die
Mitgliedstaaten erlegen Anbietern von Diensten im Sinne der Artikel 12,
13 und 14 keine allgemeine Verpflichtung auf, die von ihnen
übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder aktiv
nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit
hinweisen.“
6 Art. 18 Abs. 1 dieser Richtlinie sieht vor:
„Die
Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die nach innerstaatlichem Recht
verfügbaren Klagemöglichkeiten im Zusammenhang mit Diensten der
Informationsgesellschaft es ermöglichen, dass rasch Maßnahmen,
einschließlich vorläufiger Maßnahmen, getroffen werden können, um eine
mutmaßliche Rechtsverletzung abzustellen und zu verhindern, dass den
Betroffenen weiterer Schaden entsteht.“
Österreichisches Recht
7 Nach
§ 1330 Abs. 1 des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuchs (ABGB) ist
derjenige, dem durch Ehrenbeleidigung ein wirklicher Schade oder Entgang
des Gewinnes verursacht worden ist, berechtigt, den Ersatz zu fordern.
Nach § 1330 Abs. 2 ABGB gilt dies auch, wenn jemand Tatsachen
verbreitet, die den Kredit, den Erwerb oder das Fortkommen eines anderen
gefährden und deren Unwahrheit er kannte oder kennen musste. In diesem
Fall kann auch der Widerruf und die Veröffentlichung desselben verlangt
werden.
8 Nach
§ 78 Abs. 1 des Urheberrechtsgesetzes dürfen Bildnisse von Personen
weder öffentlich ausgestellt noch auf eine andere Art, wodurch sie der
Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, verbreitet werden, wenn
dadurch berechtigte Interessen des Abgebildeten oder, falls er gestorben
ist, ohne die Veröffentlichung gestattet oder angeordnet zu haben,
eines nahen Angehörigen verletzt würden.
9 Nach
§ 18 Abs. 1 des E‑Commerce-Gesetzes sind Hosting-Anbieter nicht
verpflichtet, die von ihnen gespeicherten, übermittelten oder zugänglich
gemachten Informationen allgemein zu überwachen oder von sich aus nach
Umständen zu forschen, die auf rechtswidrige Tätigkeiten hinweisen.
Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
10 Frau
Glawischnig-Piesczek war Abgeordnete zum Nationalrat (Österreich),
Klubobfrau der „Grünen“ im Parlament und Bundessprecherin dieser
politischen Partei.
11 Facebook
Ireland betreibt eine weltweite Social-Media-Plattform (im Folgenden:
Facebook Service) für Nutzer außerhalb der Vereinigten Staaten von
Amerika und Kanadas.
12 Ein
Nutzer von Facebook Service postete am 3. April 2016 auf seiner
Facebook-Profilseite einen Artikel des österreichischen
Online-Nachrichtenmagazins oe24.at mit dem Titel „Grüne:
Mindestsicherung für Flüchtlinge soll bleiben“, was auf dieser Seite
eine „Thumbnail-Vorschau“ von der ursprünglichen Website generierte, die
den Titel dieses Artikels, eine kurze Zusammenfassung davon sowie ein
Foto von Frau Glawischnig-Piesczek enthielt. Der Nutzer postete außerdem
einen Kommentar zu diesem Artikel, der nach den Feststellungen des
vorlegenden Gerichts geeignet ist, die Klägerin des Ausgangsverfahrens
in ihrer Ehre zu beleidigen, sie zu beschimpfen und zu diffamieren.
Dieser Beitrag konnte von jedem Nutzer von Facebook Service abgerufen
werden.
13 Mit Schreiben vom 7. Juli 2016 forderte Frau Glawischnig-Piesczek Facebook Ireland u. a. auf, diesen Kommentar zu löschen.
14 Als
Facebook Ireland den Kommentar nicht entfernte, reichte Frau
Glawischnig-Piesczek Klage beim Handelsgericht Wien (Österreich) ein,
das mit einstweiliger Verfügung vom 7. Dezember 2016 Facebook Ireland
auftrug, es ab sofort und bis zur Rechtskraft des über das
Unterlassungsbegehren ergehenden Urteils zu unterlassen, die Klägerin
des Ausgangsverfahrens zeigende Lichtbilder zu veröffentlichen und/oder
zu verbreiten, wenn im Begleittext die wörtlichen und/oder sinngleichen
Behauptungen wie in dem betreffenden Kommentar (vgl. oben, Rn. 12)
verbreitet werden.
15 Facebook Ireland sperrte daraufhin in Österreich den Zugang zu dem ursprünglich geposteten Beitrag.
16 Das
mit dem Rekurs befasste Oberlandesgericht Wien (Österreich) bestätigte
die erstinstanzliche Verfügung in Bezug auf wortgleiche Behauptungen.
Dagegen entschied es, dass die Verbreitung von sinngleichen Äußerungen
nur zu unterlassen sei, wenn diese Facebook Ireland von der Klägerin des
Ausgangsverfahrens oder von dritter Seite zur Kenntnis gebracht würden
oder Facebook Ireland sonst zur Kenntnis gelangten.
17 Das
Handelsgericht Wien und das Oberlandesgericht Wien stützten ihre
Entscheidungen auf § 78 UrhG und § 1330 ABGB und vertraten u. a. die
Auffassung, der veröffentlichte Kommentar enthalte Äußerungen, die
exzessiv ehrkränkend seien und der Klägerin außerdem ein strafbares
Verhalten unterstellten, ohne dass hierfür auch nur der Beweis
angetreten worden wäre.
18 Beide Parteien des Ausgangsverfahrens erhoben Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof (Österreich).
19 Der
Oberste Gerichtshof, der darüber zu befinden hat, ob die
Unterlassungsverfügung gegen einen Host-Provider, der ein soziales
Netzwerk mit zahlreichen Nutzern betreibt, auch auf ihm nicht zur
Kenntnis gelangte wort- und/oder sinngleiche Äußerungen ausgedehnt
werden kann, führt aus, dass nach seiner eigenen Rechtsprechung eine
solche Verpflichtung als angemessen zu betrachten sei, wenn dem
Host-Provider schon mindestens eine Verletzung der Rechte des
Betroffenen durch den Beitrag eines Nutzers bekannt gegeben worden sei
und sich damit die Gefahr weiterer Rechtsverletzungen konkretisiere.
20 Da
er aber der Ansicht ist, dass der bei ihm anhängige Rechtsstreit Fragen
nach der Auslegung des Unionsrechts aufwirft, hat er das Verfahren
ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung
vorgelegt:
1. Steht Art. 15
Abs. 1 der Richtlinie 2000/31 allgemein einer der nachstehend
angeführten Verpflichtungen eines Host-Providers, der rechtswidrige
Informationen nicht unverzüglich entfernt hat, entgegen, und zwar nicht
nur diese rechtswidrige Information im Sinne von Art. 14 Abs. 1
Buchst. a der Richtlinie zu entfernen, sondern auch andere wortgleiche
Informationen:
– weltweit,
– im jeweiligen Mitgliedstaat,
– des jeweiligen Nutzers weltweit,
– des jeweiligen Nutzers im jeweiligen Mitgliedstaat?
2. Soweit Frage 1 verneint wurde: Gilt dies jeweils auch für sinngleiche Informationen?
3. Gilt dies auch für sinngleiche Informationen, sobald dem Betreiber dieser Umstand zur Kenntnis gelangt ist?
Zu den Vorlagefragen
Zur ersten und zur zweiten Frage
21 Mit
seinen ersten beiden Fragen, die zusammen zu prüfen sind, möchte das
vorlegende Gericht wissen, ob die Richtlinie 2000/31, insbesondere ihr
Art. 15 Abs. 1, dahin auszulegen ist, dass sie es einem Gericht eines
Mitgliedstaats verwehrt,
– einem
Hosting-Anbieter aufzugeben, die von ihm gespeicherten Informationen,
die den wortgleichen Inhalt haben wie Informationen, die zuvor für
rechtswidrig erklärt worden sind, zu entfernen oder den Zugang zu ihnen
zu sperren, unabhängig davon, wer den Auftrag für die Speicherung der
Informationen gegeben hat;
– einem
Hosting-Anbieter aufzugeben, die von ihm gespeicherten Informationen,
die einen sinngleichen Inhalt haben wie Informationen, die zuvor für
rechtswidrig erklärt worden sind, zu entfernen oder den Zugang zu ihnen
zu sperren;
– einer solchen Verfügung weltweit Wirkung zu verleihen.
22 Zunächst steht fest, dass Facebook Ireland Hosting-Dienste im Sinne von Art. 14 der Richtlinie 2000/31 anbietet.
23 Art. 14
Abs. 1 dieser Richtlinie soll die Verantwortlichkeit des
Hosting-Anbieters ausschließen, wenn dieser eine der beiden in dieser
Bestimmung angeführten Voraussetzungen erfüllt, nämlich dass er keine
Kenntnis von der rechtswidrigen Tätigkeit oder Information hat oder dass
er, sobald er davon Kenntnis erlangt, unverzüglich tätig wird, um diese
Information zu entfernen oder den Zugang zu ihr zu sperren.
24 Außerdem
ergibt sich aus Art. 14 Abs. 3 der Richtlinie 2000/31 im Licht ihres
45. Erwägungsgrundes, dass dieser Ausschluss die Möglichkeit unberührt
lässt, dass ein nationales Gericht oder eine nationale
Verwaltungsbehörde von dem betreffenden Diensteanbieter verlangt, die
Rechtsverletzung abzustellen oder zu verhindern, einschließlich der
Entfernung rechtswidriger Informationen oder der Sperrung des Zugangs zu
ihnen.
25 Folglich
können, wie der Generalanwalt in Nr. 32 seiner Schlussanträge
ausgeführt hat, nach dem nationalen Recht eines Mitgliedstaats erlassene
Verfügungen an einen Hosting-Anbieter gerichtet werden, selbst wenn er
eine der in Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31 angeführten
alternativen Voraussetzungen erfüllt, d. h. auch in dem Fall, dass er
selbst nicht als verantwortlich angesehen wird.
26 Im
Übrigen müssen die Mitgliedstaaten nach Art. 18 Abs. 1 dieser
Richtlinie, der zu ihrem Kapitel III („Umsetzung“) gehört,
sicherstellen, dass die nach innerstaatlichem Recht verfügbaren
Klagemöglichkeiten im Zusammenhang mit Diensten der
Informationsgesellschaft es ermöglichen, dass rasch Maßnahmen,
einschließlich vorläufiger Maßnahmen, getroffen werden können, um eine
mutmaßliche Rechtsverletzung abzustellen und zu verhindern, dass den
Betroffenen weiterer Schaden entsteht.
27 Wie
aus Rn. 13 des vorliegenden Urteils und dem Wortlaut der Vorlagefragen
hervorgeht, hatte Facebook Ireland im vorliegenden Fall zunächst
Kenntnis von der in Rede stehenden rechtswidrigen Information. In der
Folge wurde sie nicht unverzüglich tätig, um diese Information zu
entfernen oder den Zugang zu ihr zu sperren, wie es Art. 14 Abs. 1 der
Richtlinie 2000/31 vorsieht. Schließlich rief die Klägerin des
Ausgangsverfahrens ein nationales Gericht an, damit es eine Verfügung im
Sinne von Art. 18 dieser Richtlinie erlasse.
28 Im
52. Erwägungsgrund der Richtlinie wird erläutert, dass sich der
Unionsgesetzgeber durch die spezifische Eigenheit, die sich daraus
ergibt, dass Schäden, die in Verbindung mit den Diensten der
Informationsgesellschaft entstehen können, durch ihre Schnelligkeit und
ihre geografische Ausbreitung gekennzeichnet sind, und durch die
Notwendigkeit, darüber zu wachen, dass die nationalen Behörden das
Vertrauen, das sie sich gegenseitig entgegenbringen müssen, nicht in
Frage stellen, dazu veranlasst gesehen hat, von den Mitgliedstaaten zu
verlangen, dafür zu sorgen, dass angemessene Klagemöglichkeiten zur
Verfügung stehen.
29 Die
Mitgliedstaaten verfügen so im Rahmen der Umsetzung von Art. 18 Abs. 1
der Richtlinie 2000/31 in Bezug auf die Klagen und die Verfahren, die
den Erlass der erforderlichen Maßnahmen ermöglichen, über ein besonders
großes Ermessen.
30 Da
diese Maßnahmen außerdem nach mehreren Sprachfassungen dieser
Bestimmung – u. a. der spanischen, der englischen und der französischen
– ausdrücklich „jede“ mutmaßliche Rechtsverletzung abstellen oder
„jeden“ weiteren Schaden der Betroffenen verhindern sollen, kann
grundsätzlich nicht angenommen werden, dass sie in ihrer Reichweite
begrenzt sind, wenn es um ihre Durchführung geht. Diese Auslegung wird
nicht durch den Umstand in Frage gestellt, dass andere Sprachfassungen
dieser Bestimmung – u. a. die deutsche – vorsehen, dass die besagten
Maßnahmen „eine mutmaßliche Rechtsverletzung“ abstellen und verhindern
sollen, dass „den Betroffenen weiterer Schaden entsteht“.
31 In
Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31 wird wiederum klargestellt, dass
die Mitgliedstaaten Anbietern von Diensten im Sinne der Art. 12, 13 und
14 keine allgemeine Verpflichtung auferlegen dürfen, die von ihnen
übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder aktiv
nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit
hinweisen.
32 Auf die Vorlagefragen ist unter Berücksichtigung all dieser Bestimmungen zu antworten.
33 Das
vorlegende Gericht stellt erstens im Wesentlichen die Frage, ob Art. 15
Abs. 1 der Richtlinie 2000/31 es einem Gericht eines Mitgliedstaats
verwehrt, einem Hosting-Anbieter aufzugeben, die von ihm gespeicherten
Informationen, die den wortgleichen Inhalt haben wie Informationen, die
zuvor für rechtswidrig erklärt worden sind, zu entfernen oder den Zugang
zu ihnen zu sperren.
34 Art. 15
Abs. 1 der Richtlinie 2000/31 verbietet den Mitgliedstaaten zwar,
Hosting-Anbietern eine allgemeine Verpflichtung, die von ihnen
übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder aktiv
nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit
hinweisen, aufzuerlegen, doch wie aus dem 47. Erwägungsgrund dieser
Richtlinie hervorgeht, gilt dies nicht für Überwachungspflichten „in
spezifischen Fällen“.
35 Ein
solcher spezifischer Fall kann u. a., wie im Ausgangsverfahren, in
einer konkreten Information begründet sein, die vom betreffenden
Hosting-Anbieter im Auftrag eines bestimmten Nutzers seines sozialen
Netzwerks gespeichert wurde und deren Inhalt von einem zuständigen
Gericht des betreffenden Mitgliedstaats analysiert und beurteilt wurde,
das diese Information nach Abschluss seiner Würdigung für rechtswidrig
erklärt hat.
36 Da
ein soziales Netzwerk die schnelle Übermittlung der vom
Hosting-Anbieter gespeicherten Informationen zwischen seinen
verschiedenen Nutzern erleichtert, besteht eine reale Gefahr, dass eine
Information, die als rechtswidrig eingestuft wurde, zu einem späteren
Zeitpunkt von einem anderen Nutzer dieses Netzwerks wiedergegeben und
geteilt wird.
37 Um
erreichen zu können, dass der Hosting-Anbieter jeden weiteren Schaden
bei den Betroffenen verhindert, ist es unter diesen Umständen legitim,
dass das zuständige Gericht von ihm verlangen kann, den Zugang zu
gespeicherten Informationen, deren Inhalt wortgleich mit dem zuvor für
rechtswidrig erklärten Inhalt ist, zu sperren oder sie zu entfernen,
ganz gleich, wer den Auftrag zur Speicherung dieser Informationen
gegeben hat. In Anbetracht insbesondere dieser Wortgleichheit des
Inhalts der betreffenden Informationen kann bei der Verfügung, die zu
diesem Zweck ergeht, nicht angenommen werden, dass sie dem
Hosting-Anbieter eine allgemeine Pflicht zur Überwachung der von ihm
gespeicherten Informationen oder eine allgemeine Pflicht, aktiv nach
Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen,
im Sinne von Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31 auferlegt.
38 Zweitens
stellt das vorlegende Gericht im Wesentlichen die Frage, ob Art. 15
Abs. 1 der Richtlinie 2000/31 es einem Gericht eines Mitgliedstaats
verwehrt, einem Hosting-Anbieter aufzugeben, die von ihm gespeicherten
Informationen, die einen sinngleichen Inhalt haben wie Informationen,
die zuvor für rechtswidrig erklärt worden sind, zu entfernen oder den
Zugang zu ihnen zu sperren.
39 Aus
den Angaben in der Vorlageentscheidung geht hervor, dass das
vorlegende Gericht mit dem Begriff „sinngleiche Informationen“ auf
Informationen abstellt, die eine Aussage vermitteln, deren Inhalt im
Wesentlichen unverändert bleibt und daher sehr wenig von dem Inhalt
abweicht, der zur Feststellung der Rechtswidrigkeit geführt hat.
40 Insoweit
ist darauf hinzuweisen, dass sich die Rechtswidrigkeit des Inhalts
einer Information nicht als solche aus der Verwendung gewisser Begriffe
ergibt, die auf bestimmte Weise verbunden werden, sondern daraus, dass
die mit diesem Inhalt vermittelte Aussage als rechtswidrig eingestuft
wird, wenn es sich wie hier um diffamierende Äußerungen über eine
bestimmte Person handelt.
41 Damit
eine Verfügung, mit der eine rechtswidrige Handlung abgestellt und ihre
Wiederholung sowie ein weiterer Schaden bei den Betroffenen verhindert
werden sollen, diese Ziele tatsächlich erreichen kann, muss sich diese
Verfügung folglich auf Informationen erstrecken können, deren Inhalt
wegen der verwendeten Worte oder ihrer Kombination im Vergleich zu der
Information, deren Inhalt für rechtswidrig erklärt worden ist, zwar
leicht unterschiedlich formuliert ist, aber im Wesentlichen die gleiche
Aussage vermittelt. Andernfalls könnten nämlich, wie das vorlegende
Gericht ausführt, die Wirkungen, die an eine solche Verfügung geknüpft
sind, leicht umgangen werden, indem Aussagen gespeichert werden, die
sich kaum von den zuvor für rechtswidrig erklärten Aussagen
unterscheiden, was dazu führen könnte, dass die betroffene Person eine
Vielzahl von Verfahren anstrengen muss, um zu erwirken, dass das
Verhalten, dessen Opfer sie ist, aufhört.
42 In
diesem Zusammenhang ist allerdings darauf hinzuweisen, dass – wie sich
aus Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31 und aus den Ausführungen in
Rn. 34 des vorliegenden Urteils ergibt – ein Gericht eines
Mitgliedstaats zum einen gegen einen Hosting-Anbieter keine Verfügung
erlassen kann, die ihn verpflichtet, allgemein die von ihm gespeicherten
Informationen zu überwachen, und ihn zum anderen auch nicht zwingen
kann, aktiv nach Umständen zu forschen, auf denen der rechtswidrige
Inhalt beruht.
43 Insbesondere
lässt sich insoweit dem 41. Erwägungsgrund der Richtlinie 2000/31
entnehmen, dass der Unionsgesetzgeber mit ihrem Erlass ein Gleichgewicht
zwischen den verschiedenen beteiligten Interessen schaffen wollte.
44 Somit
impliziert Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31, dass das Ziel einer
Verfügung im Sinne von Art. 18 Abs. 1 dieser Richtlinie, das
insbesondere darin besteht, den Ruf und die Ehre einer Person wirksam zu
schützen, im Licht des 41. Erwägungsgrundes der Richtlinie nicht durch
eine übermäßige Verpflichtung des Hosting-Anbieters verfolgt werden
kann.
45 In
Anbetracht des Vorstehenden müssen die sinngleichen Informationen, auf
die in Rn. 41 des vorliegenden Urteils Bezug genommen wird, spezifische
Einzelheiten umfassen, die von demjenigen, der die Verfügung erlassen
hat, gebührend identifiziert worden sind, wie den Namen der von der
zuvor festgestellten Verletzung betroffenen Person, die Umstände, unter
denen diese Verletzung festgestellt wurde, und einen Inhalt, der dem
für rechtswidrig erklärten Inhalt sinngleich ist. Unterschiede in der
Formulierung dieses sinngleichen Inhalts im Vergleich zu dem für
rechtswidrig erklärten Inhalt dürfen jedenfalls nicht so geartet sein,
dass sie den Hosting-Anbieter zwingen, eine autonome Beurteilung dieses
Inhalts vorzunehmen.
46 Unter
diesen Umständen erscheint eine Verpflichtung wie die oben in den
Rn. 41 und 45 beschriebene zum einen, indem sie sich auch auf
Informationen sinngleichen Inhalts erstreckt, hinreichend wirksam, um
den Schutz der von den diffamierenden Äußerungen betroffenen Person
sicherzustellen. Zum anderen wird dieser Schutz nicht durch eine
übermäßige Verpflichtung des Hosting-Anbieters gewährleistet, da die
Überwachung und das Nachforschen, die sie erfordert, auf die
Informationen beschränkt sind, die die in der Verfügung genau
bezeichneten Einzelheiten enthalten, und da ihr diffamierender Inhalt
sinngleicher Art den Hosting-Anbieter nicht verpflichtet, eine autonome
Beurteilung vorzunehmen, so dass er auf automatisierte Techniken und
Mittel zur Nachforschung zurückgreifen kann.
47 Eine
solche Verfügung ist mithin insbesondere nicht so geartet, dass dem
Hosting-Anbieter eine Pflicht zur allgemeinen Überwachung der von ihm
gespeicherten Informationen oder eine allgemeine Pflicht, aktiv nach
Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen,
im Sinne von Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31 auferlegt wird.
48 Drittens
legt der Wortlaut der Fragen des vorlegenden Gerichts an den
Gerichtshof nahe, dass seine Zweifel – auch wenn die Gründe seiner
Vorlageentscheidung dazu keine weiteren Erläuterungen enthalten – auch
die Frage betreffen, ob Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31
möglicherweise dem entgegensteht, dass Verfügungen im Sinne der Rn. 37
und 46 des vorliegenden Urteils weltweit Wirkungen erzeugen können.
49 Zur
Beantwortung dieser Frage ist darauf hinzuweisen, dass die Richtlinie
2000/31 – wie insbesondere aus ihrem Art. 18 Abs. 1 hervorgeht – in
dieser Hinsicht keine Beschränkung, insbesondere in räumlicher Hinsicht,
der Reichweite der Maßnahmen vorsieht, die die Mitgliedstaaten nach
dieser Richtlinie erlassen dürfen.
50 Folglich
steht die Richtlinie 2000/31 in Anbetracht auch der Rn. 29 und 30 des
vorliegenden Urteils nicht dem entgegen, dass diese Verfügungen weltweit
Wirkungen erzeugen.
51 Aus
den Erwägungsgründen 58 und 60 dieser Richtlinie geht jedoch hervor,
dass der Unionsgesetzgeber angesichts der globalen Dimension des
elektronischen Geschäftsverkehrs von der Notwendigkeit ausging, dafür
Sorge zu tragen, dass die Unionsvorschriften in diesem Bereich mit den
internationalen Regeln in Einklang stehen.
52 Es
ist Sache der Mitgliedstaaten, dafür zu sorgen, dass die von ihnen
erlassenen Maßnahmen, die weltweit Wirkungen erzeugen, diese Regeln
gebührend berücksichtigen.
53 Nach
alledem ist auf die ersten beiden Fragen zu antworten, dass die
Richtlinie 2000/31, insbesondere ihr Art. 15 Abs. 1, dahin auszulegen
ist, dass sie es einem Gericht eines Mitgliedstaats nicht verwehrt,
– einem
Hosting-Anbieter aufzugeben, die von ihm gespeicherten Informationen,
die den wortgleichen Inhalt haben wie Informationen, die zuvor für
rechtswidrig erklärt worden sind, zu entfernen oder den Zugang zu ihnen
zu sperren, unabhängig davon, wer den Auftrag für die Speicherung der
Informationen gegeben hat;
– einem
Hosting-Anbieter aufzugeben, die von ihm gespeicherten Informationen,
die einen sinngleichen Inhalt haben wie Informationen, die zuvor für
rechtswidrig erklärt worden sind, zu entfernen oder den Zugang zu ihnen
zu sperren, sofern die Überwachung und das Nachforschen der von einer
solchen Verfügung betroffenen Informationen auf solche beschränkt sind,
die eine Aussage vermitteln, deren Inhalt im Vergleich zu dem Inhalt,
der zur Feststellung der Rechtswidrigkeit geführt hat, im Wesentlichen
unverändert geblieben ist, und die die Einzelheiten umfassen, die in der
Verfügung genau bezeichnet worden sind, und sofern die Unterschiede in
der Formulierung dieses sinngleichen Inhalts im Vergleich zu der
Formulierung, die die zuvor für rechtswidrig erklärte Information
ausmacht, nicht so geartet sind, dass sie den Hosting-Anbieter zwingen,
eine autonome Beurteilung dieses Inhalts vorzunehmen;
– einem
Hosting-Anbieter aufzugeben, im Rahmen des einschlägigen
internationalen Rechts weltweit die von der Verfügung betroffenen
Informationen zu entfernen oder den Zugang zu ihnen zu sperren.
Zur dritten Frage
54 In Anbetracht der Antwort auf die erste und die zweite Frage erübrigt sich die Prüfung der dritten Frage.
Kosten
55 Für
die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein
Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit;
die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen
anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof
sind nicht erstattungsfähig.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt:
Die
Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom
8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der
Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen
Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt („Richtlinie über den elektronischen
Geschäftsverkehr“), insbesondere ihr Art. 15 Abs. 1, ist dahin
auszulegen, dass sie es einem Gericht eines Mitgliedstaats nicht
verwehrt,
– einem
Hosting-Anbieter aufzugeben, die von ihm gespeicherten Informationen,
die den wortgleichen Inhalt haben wie Informationen, die zuvor für
rechtswidrig erklärt worden sind, zu entfernen oder den Zugang zu ihnen
zu sperren, unabhängig davon, wer den Auftrag für die Speicherung der
Informationen gegeben hat;
– einem
Hosting-Anbieter aufzugeben, die von ihm gespeicherten Informationen,
die einen sinngleichen Inhalt haben wie Informationen, die zuvor für
rechtswidrig erklärt worden sind, zu entfernen oder den Zugang zu ihnen
zu sperren, sofern die Überwachung und das Nachforschen der von einer
solchen Verfügung betroffenen Informationen auf solche beschränkt sind,
die eine Aussage vermitteln, deren Inhalt im Vergleich zu dem Inhalt,
der zur Feststellung der Rechtswidrigkeit geführt hat, im Wesentlichen
unverändert geblieben ist, und die die Einzelheiten umfassen, die in der
Verfügung genau bezeichnet worden sind, und sofern die Unterschiede in
der Formulierung dieses sinngleichen Inhalts im Vergleich zu der
Formulierung, die die zuvor für rechtswidrig erklärte Information
ausmacht, nicht so geartet sind, dass sie den Hosting-Anbieter zwingen,
eine autonome Beurteilung dieses Inhalts vorzunehmen;
– einem
Hosting-Anbieter aufzugeben, im Rahmen des einschlägigen
internationalen Rechts weltweit die von der Verfügung betroffenen
Informationen zu entfernen oder den Zugang zu ihnen zu sperren.